Das bisschen Haushalt…
Am 06.09.2023 wurde nun endlich der Haushalt für das Jahr 2023 (!) der Stadt Greiz beschlossen. Im Stadtrat fand dieser die Zustimmung von CDU, SPD und Linke. IWAfD stimmte dagegen.
Aus meiner Sicht bietet das Werk wenig Überraschendes. Begonnene Projekte wie die Sanierung des Rathauses, die Modernisierung der Schwimmhalle und die Entwicklung des Gewerbegebietes in Dölau (Plasttechnik) werden fortgesetzt, ebenso sind Gelder für diverse Kita-Projekte drin. Alles absehbar, alles wenig spektakulär, was auch nicht anders zu erwarten war.
Ja, es ist natürlich ziemlich ärgerlich, 8 Monate unter vorläufiger Haushaltsführung verstreichen zu lassen. Schwierigkeiten beim Aufstellen des Haushaltes, wie die späte und exorbitante Erhöhung der Kreisumlage, die Verzögerungen bei Aufstellung des Landeshaushaltes, das Warten auf Steuerschätzungen usw. kann man zwar als Begründung anbringen, trotzdem sollte man aus meiner Sicht auch einen vorläufigen Haushalt aufstellen, Zahlen aus den Vorjahren übernehmen und eventuell mit Nachtragshaushalten nachbessern. Ich hoffe und wünsche das der Haushalt für 2024 dieses Jahr in die Beratungen geht. Nur dann ist es möglich, dort auch nach vorne gerichtete Ideen und Projekte einzubringen. Gestaltungsmöglichkeiten für die Stadträt*innen gibt es kaum, wenn man erst diskutiert, nachdem das Jahr fast vorrüber ist.
Die Debatte im Stadtrat lief im Prinzip wie immer, eigentlich ist es fast ein wenig grotesk, wie sich das Schauspiel Jahr für Jahr wiederholt. Die IWA malt wie jedes Jahr (und ich verfolge das seit ca. 9 Jahren) den Teufel an die Wand. Jahr für Jahr prognostiziert Geisler Untergangsszenarien – schwarze, alles verschlingende Haushaltslöcher, einbrechende Steuereinnahmen, den Zusammenbruch der Industrie. In den letzten Jahren wegen Corona, wegen des Krieges und wegen der Energiekrise – der Zusammenbruch blieb bisher immer aus. Die geforderten Antworten auf diese Ängste fallen auch jedes Jahr ähnlich aus – Man müsse die Stadt wie ein Unternehmen führen, man müsse sparen, man müsse Leute entlassen. Konkret wird dies allerdings nie. Geisler bleibt die Antwort auf die Fragen nach der Umsetzung, bleibt die konkreten Vorschläge schuldig, fordert einerseits mehr Investitionen in Straßen und ähnliches, bleibt aber die Antwort schuldig, welchen Teil der Verwaltung er zu schleifen gedenkt. Dass, neben den Bürgern, auch die Wirtschaft auf eine funktionsfähige Verwaltung angewiesen ist, dass eine Kommune eben kein Unternehmen ist und staatliche Aufgaben zu erfüllen hat – darüber geht die IWA wie üblich hinweg. Sparen, sparen, sparen – aber anschließend gegen sinkende Investitionsausgaben im Vermögenshaushalt wettern, ohne dabei zu bedenken, dass diese in den letzten Jahren vor allem wegen der Beseitigung von Hochwasserschäden und den folgenden Hochwasserschutzmaßnahmen überhaupt ungewöhnlich hoch waren.
Röder koffert für die AfD dann auch in den üblichen Tönen los und wettert gegen die geradezu verschwindend geringen Ausgaben für ein Klimaschutzkonzept, die vor 2 Jahren mal im Haushalt standen. Wenn gerade diese Tage weltweit die Auswirkungen des von Röder und Co. geleugneten Klimawandels viele Menschenleben kosten und Milliardenschäden verursachen, scheint sich der Horizont Röders dennoch nicht über die Schlaglöcher in der Kehrmannstraße hinaus zu erweitern. Es wäre dringend geboten, viel, viel mehr zu tun. Anschließend geht es gegen Gelder aus der Demokratieförderung (zum allergrößten Teil vom Bund durchgereicht), mit denen zivilgesellschaftliche Institutionen Veranstaltungen für ein vielfältiges Miteinander, für Bildung und Demokratie durchführen können. Das dies nicht aus finanziellen Gründen sondern aus der ideologischen Verbohrtheit heraus abgelehnt wird, lässt die AfD unerwähnt. Und wie immer wird gegen Kulturinstitutionen wie die Vogtlandhalle und die Philharmonie gehetzt. Abschaffen, alles unnötiger Luxus. Vereine, die in irgendeiner Art und Weise gefördert werden, will Röder zu kommunalen Pflichtaufgaben wie Straßenreinigung verdonnern. Denkt man diese Äußerungen zu Ende, dann leben wir bald in einer grauen Stadt mit sauberen Straßen, in der Kultur und gesellschaftliches Leben auf ein rechtsnationales Minimum zusammengedampft wird. Nur so konkret werden Röder, Staps und Co. ja nie. Dann spricht Röder davon, dass die Stadt von ihren Rücklagen leben würde. Ja, die sinken im Haushaltsjahr. Weil ein guter Teil davon zweckgebundene Fördermittel sind, die freilich für eben diesen Zweck ausgegeben werden müssen. Auch dies wird verschwiegen. Stattdessen jammert man, dass es keine Diskussion des Haushalts gegeben hätte. An Haushaltsberatungen in Ausschüssen wurde seitens der AfD aber gar nicht erst teilgenommen, Anträge oder Änderungsvorschläge keine eingereicht. Aber eine eigene Powerpoint-Präsentation wollte man unbedingt mitbringen, um dann den Stadtrat vollends zur sterbenslangweiligen Röder-Show zu machen. Hinterher wird dann im fast nur noch von Boomern bewohntem Digital-Habitat Facebook die Haushaltslage der Kleinstadt Greiz mit Birmingham verglichen, wo gerade die Pleite droht. Hauptsächlich weil sich jetztige und ehemalige weibliche Angestellte der Metropolregion Gleichbezahlung auch rückwirkend erstritten haben und dies fast 2 Milliarden Euro kostet. Mal abgesehen davon, dass in einer britischen Großstadt, der zweitgrößten des Landes, Politik und Verwaltung ganz anders organisiert sind, werden auch die massiven Kürzungen durch die konservativen Regierungen, die viel höhere Inflation und die allgemein schlechte Lage aufgrund des Brexits mal eben ausgeblendet.
So, genug aufgeregt. Auf CDU, SPD und Linke geh ich mal nicht weiter ein. Erwartbar eingependelt irgendwo zwischen Lob (CDU) und eher wahlkämperisch anmutenden Kritikpunkten (SPD), und der Vemeidung unnötiger Wiederholungen (Linke), wo ich jetzt auch nicht alles noch einmal aufwärmen möchte, das meiste steht eh schon oben im Text. Nach knapp 2 Stunden war dann diese unproduktive Polit-Show auch abgehakt und ein ausgeglichener „Weiter-So“-Haushalt beschlossen. Besser als keiner. Und Oida, Greiz ist nicht Birmingham.
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