Wir stecken mitten drin in einem globalen und tiefgreifenden Wandel der Arbeitswelt. Das Stichwort lautet „Industrie 4.0“ oder wie man in Frankreich sagt „Industrie du Futur“ – also Industrie der Zukunft. Gemeint ist damit die fortschreitende Automatisierung, Digitalisierung und Vernetzung der Arbeitswelt.
Wir stecken mitten drin in einem globalen und tiefgreifenden Wandel der Arbeitswelt. Das Stichwort lautet „Industrie 4.0“ oder wie man in Frankreich sagt „Industrie du Futur“ – also Industrie der Zukunft. Gemeint ist damit die fortschreitende Automatisierung, Digitalisierung und Vernetzung der Arbeitswelt. Tatsächlich beschränkt sich dieser Wandel nicht nur auf die Industrie, sondern erfasst zunehmend alle Wirtschaftsbereiche. Der technische Fortschritt, der jetzt in die Fabriken einzieht, wird die Produktivität in den kommenden fünf bis zehn Jahren deutlich erhöhen. Mit der steigenden Produktivität und Effizienz, steigt der Gewinn, steigt der Wohlstand. Allerdings wird auch der Anteil dieser Produktivität, der über Löhne und Gehälter die Bevölkerung erreicht, stark fallen.
Die Wissenschaftler Frey und Osborne von der Oxford Universität haben berechnet, dass 47 Prozent der Industriejobs in den USA in den kommenden 20 Jahren dem technischen Fortschritt zum Opfer fallen. Auch für Deutschland finden sich vergleichbare Studien. Beispielsweise Mechatroniker, Buchhalter sowie Lager- und Transportarbeiter haben ein sehr hohes Risiko, dass ihre Jobs künftig von Computern oder computergesteuerten Maschinen übernommen werden. Vier bis Fünf Millionen Jobs, also rund 15% der heutigen Arbeitsplätze, sind besonders gefährdet und könnten eigentlich sofort ersetzt werden. Das ergab eine Auswertung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für die Stuttgarter Zeitung. Das Mannheimer Forschungsinstitut ZEW hat eine amerikanische Studie auf Deutschland übertragen. Das Ergebnis: 42 Prozent der Erwerbstätigen hierzulande arbeiten in Berufen mit hoher Automatisierungswahrscheinlichkeit, was 18 Millionen gefährdeten Jobs entspricht. Auf der Grundlage der Studie der Oxford University berechneten Volkswirte der IngDiba, dass in Deutschland mittel- und langfristig sogar mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze wegfallen könnte. Und dies würde nicht nur die schlecht Ausgebildeten, sondern auch die Höherqualifizierten treffen.
Künstliche Intelligenz, Roboter, selbstfahrende Autos, Drohnen, 3D-Druck, Sensoren oder Big Data sind die Schlagworte für anstehende Umwälzungen in den Fabriken, aber auch in den Verwaltungen der Unternehmen oder im Transportsektor. Maschinen dringen jetzt in Bereiche vor, die ihnen bisher verschlossen waren. Künstliche Intelligenz kann zum Beispiel Zehntausende Sachbearbeiter in Versicherungen freisetzen. Auch Buchhalter, Anlageberater oder Makler gehören zu den gefährdeten Berufen, da ihre Jobs zumindest zu wesentlichen Teilen aus „manueller Datenverarbeitung“ bestehen. Auch Hotelrezeptionen, die Abfertigung am Flughafen, das Gastgewerbe, Dienstleistungen werden vom Wandel betroffen sein. Erstmals werden nicht nur manuelle Tätigkeiten (wie die Lagerarbeiter durch selbstfahrende Logistikroboter) ersetzt, sondern auch kognitive Jobs. Diese Breite der Substitution von Arbeit durch Kapital war bisher in keiner Phase technischen Fortschritts zu beobachten, was die Gefahr steigender Arbeitslosigkeit stark erhöht. In wenigen Jahrzehnten könnten wir laut MIT-Forscher Andrew McAfee in einer „Science Fiction Ökonomie“ ankommen, also eine sehr wohlhabende, automatisierte Ökonomie, in der die Menschen wesentlich weniger arbeiten müssen.
DIE LINKE als Partei muss auf diesen Wandel reagieren und überzeugende Konzepte bieten, mit denen die Folgen des technischen Fortschritts, der steigenden Produktivität und des damit einhergehenden Arbeitsplatzabbaus kompensiert, ja mehr noch, zum Wohle aller Menschen genutzt werden können. Erreichen lässt sich dieser Nutzen letztlich durch eine konsequente Umverteilung. Heute stammen rund ein Viertel aller Steuereinnahmen aus Lohnsteuereinnahmen, also Steuern für abhängig Beschäftigte und rund ein weiteres Viertel aus Umsatzsteuereinnahmen. Körperschaftssteuern, Gewerbesteuern, Steuern auf Einkommen, die nicht aus Arbeit stammen, Steuern auf Vermögen machen dagegen nur geringe Anteile aus. Anstatt sich an den immer gleichen Konfliktlinien um geringfügig höhere Löhne, soziale Absicherung und Renten abzuarbeiten, sollte man die konkrete Utopie für die zunehmend automatisierte Ökonomie formulieren.
Dies geht nur über die Einführung eines emanzipatorischen
Grundeinkommens. Ein existenzsicherndes, bedingungsloses und soziale
Teilhabe ermöglichendes Einkommen für alle Menschen ist der
realistischste Weg, mit dem Ersatz von Arbeitskraft durch Kapital (also
Maschinen, Technik, IT) umzugehen. Dazu bedarf es einer vernünftigen
Besteuerung von Vermögen und von Unternehmen. Abhängige Beschäftigung
als zentraler Inhalt und Existenzgrundlage im Leben der allermeisten
Menschen muss überwunden werden, weil sonst viele Menschen in Zukunft in
große Schwierigkeiten kommen werden. Auch heute sind doch bereits viele
Arbeitnehmer in prekären Situationen, haben berechtigte Zukunftsängste
und leiden unter zunehmendem Stress und Konkurrenzdruck.
Wer kann
sich schon um gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge kümmern, wenn die
ersten Sorgen sind, ob der Job bleibt, das Geld reicht, die Klassenfahrt
der Kinder oder der nächste Termin in der KfZ-Werkstatt bezahlbar ist?
Wer hat eigentlich noch genug Kraft sich ehrenamtlich sozial, politisch,
ökologisch oder kulturell zu engagieren? Wer sagt eigentlich, dass
Arbeit für die Gesellschaft, sei es in der Familie, bei der Erziehung,
im Sportverein, in der politischen Initiative, bei der freiwilligen
Feuerwehr nicht genauso oder sogar noch wertvoller sein kann, als
abhängige Beschäftigung? Wer sagt eigentlich, dass die Menschen nicht
selbst in der Lage sind auf die ökologischen und ökonomischen Probleme
der kommenden Jahre angemessen zu reagieren, wenn man ihnen die Sorgen
um die Existenz nimmt und ihnen die Freiheit gibt, für sich selbst zu
entscheiden, was sinnvoll und gut ist?
Die Konzepte liegen auf dem Tisch. Das emanzipatorische Grundeinkommen ist mach- und finanzierbar. Mehr noch: Es ist notwendig! Lasst es uns endlich einfordern! Auch im kommenden Bundestagswahlkampf muss es endlich in unser Wahlprogramm, auf unsere Plakate! Im Moment sind wir dabei, das Thema zu verpassen, es gründet sich in diesen Wochen eine neue Ein-Themen-Partei: Man will das Grundeinkommen auf den Wahlzettel bringen indem man dafür als Grundeinkommenspartei zur Bundestagswahl antritt. Wir, die Partei DIE LINKE, müssen das Thema endlich für uns besetzen! Für das Gute Leben für Alle!
Quellen:
– Die vierte industrielle RevolutionWo bleibt der Mensch, wenn die Roboter kommen? (http://www.deutschlandfunk.de/die-vierte-industrielle-revolution-wo-bleibt-der-mensch.1148.de.html?dram:article_id=355962 )
– Grundeinkommen ins Parteiprogramm der LINKEN? 08.10.10 | Von Ronald Blaschke (https://www.grundeinkommen.de/08/10/2010/grundeinkommen-ins-parteiprogramm-der-linken.html )
– Steuereinnahmen nach Steuerarten (http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61874/steuereinnahmen )
– www.plattform-i40.de
– Frankreich bläst zur »Industrie du Futur« 10.09.2015 (http://www.elektroniknet.de/automation/m2m/artikel/123069/ )
– Digitalisierung Diese Berufe könnte es bald nicht mehr geben Von Daniel Gräfe 05. Juni 2016 (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.digitalisierung-diese-berufe-koennte-es-bald-nicht-mehr-geben.3ba522ca-2bcb-499d-b61c-70103aa9b6c5.html )
– Die Digitalisierung gefährdet 5 Millionen Jobs in Deutschland ( netzoekonom.de/2015/06/18/die-digitalisierung-gefaehrdet-5-millionen-jobs-in-deutschland/ )
– Artikelbild: CC BY-SA 4.0 – Christoph Roser at AllAboutLean.com
Bildquellen
- Industry_4.0: CC BY-SA 4.0 - Christoph Roser at AllAboutLean.com